Christentum I, II, III

„GLAUBEN und WISSEN“ dreiteilige Vortragsreihe im März/Juni 2018

mit Josef Eisend, in Malsch, Kath.Pfarrheim

Mi, 28.Feb., 19.30 h Glauben und Wissen-zwei menschliche Denkweisen

Mi, 07.März,19.30 h Jesus, ein Mensch des Glaubens und des Wissens

Mi, 14.März,19.30 h … schon 2000 Jahre Christentum – und jetzt ?!

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die Entwicklung „Glauben und Wissen“ und „Christentum“ in drei Thesen >

I. menschliches Bewusstsein entwickelte evolutionär beim Denken „Glauben“ und „Wissen“ als zwei Denkweisen II. diese vereinigten sich in Jesus Christus, und bestimmen seitdem das Christentum im „Widerspruch“ von Glauben und Wissen. Biblisch sind beide im christlichen Glauben, Wissen allein in der Metaphysik und Naturwissenschaft III. Christlicher Verantwortung obliegt das Abwägen von Wissen und Glauben, sowie deren Umsetzung im Alltag persönlich, sowie durch staatliches wie kirchliches Handeln zum Heil und Wohl von Mensch und Menschheit ———————————–

Kurzartikel in der RheinNeckarZeitung (RNZ); erschienen am 27.Mai 2018, Ausgabe Wiesloch, S.8

Der Mensch im Spannungsfeld von Glauben und Wissen Pastoralreferent Josef Eisend hielt dreiteilige Vortragsreihe – Widerspruch sei christlicher Existenz wesenseigen

Christlich Glauben birgt Hoffnungspotential, versteht man Glauben und Wissen als zwei gleichberechtigte Denkweisen. Beide haben sich geschichtlich nebeneinander entwickelt. Im „Doppel-Pack“ sind sie zukunftsorientiert zu bedenken und in christlicher Verantwortung zu leben. Dieser These ging Pastoralreferent Josef Eisend im Pfarrheim Malsch bei seiner dreiteiligen Vortragsreihe „Glauben und Wissen“ in der Fastenzeit nach. Zunächst zeigte er die Wurzeln beider Denkweisen auf. Glauben hat dabei im Phänomen „Beziehung“ seinen Urgrund. Im Judentum hat sich Glauben als Spannungs-Geschehen zwischen Gott und Mensch entwickelt. Die Denkweise des Wissens hingegen hat in griechischer Philosophie und naturwissenschaftlicher Erkenntnis ihren Ursprung. Ihr geht es darum, Dinge zu begreifen. Beide Denkweisen hätten sich – so der zweite Denkschritt von Eisend – in der Person Jesus Christus als „Widerspruch“ gebunden und bleiben doch zugleich getrennt. In seinem zweiten Vortrag zeigte er auf, wie sich beide Denkweisen ‚doppel-logisch‘ im Abendland als Christlicher Glauben entfaltet und etabliert haben. Heutzutage müssen beide Denkweisen bewusst unterschieden, aber zugleich vereinigt gedacht werden. Dies unterlegte Eisend im dritten Teil seiner Ausführungen mit Beispielen. So können historische und zeitbedingt Gegensätze und Widersprüche analysiert werden. Meist bedingten Macht-Streben und Verantwortungs-Bewusstsein Entscheidungen und setzten historisch Fakten. Abwägen und Entscheiden zwischen Wissen und Glauben ist seiner Meinung nach eine Grundhaltung für verantwortliches christliches Leben und Handeln, das sich im kirchlichen Alltag dann als Abwägen zwischen Glauben und Lieben offenbart.

Was manchem zunächst undenkbar erscheint, ist bei Eisend’s Überlegungen Voraussetzung. Glauben und Wissen weisen nämlich unterschiedliche Denk-Strukturen auf und haben im menschlichen Leben besondere Funktionen. Zwischen 1500 und 500 v.Chr. entstanden sie unabhängig voneinander in Weltsicht und Lebensauffassung. Sozio-kulturell vermochten so beide gleichwertig nebeneinander als Glauben den Lebensalltag beim Volk Israel und als Wissen das Zusammenleben in der griechischen Polis/Stadt prägen und bestimmen. Vom Zweistromland Mesopotamiens ausgehend, nahm beim Glauben das Miteinander von Gott und Mensch durch die Stammväter Abraham-Isaak-Jakob seinen Anfang. Die Beziehung zwischen Gott Jahwe und Volk Israel bestimmte letztlich die monotheistische Glaubens-Richtung der beiden Weltreligionen Judentum und Christentum, bedingt auch des Islam. Biblisch weist das Miteinander zunächst eine einseitige Deutung und Hinordnung auf Gottes Wort und Willen in Kult und Symbolik auf. Doch im gegenseitigen Treuebund ist diese Glaubens-Beziehung zwischen Gott und Volk wechselseitig. Anders verhält es sich beim Wissen in Griechenland und Kleinasien. Dort vertiefte sich das ursprüngliche Nebeneinander der Verbindung von Götterwelt und Menschenwelt nicht zum Miteinander. Vielmehr gewann die Frage nach dem Urstoff von Welt und Leben Vorrang. Menschliches Nachdenken über Dasein in Natur und Kosmos gewann so seit dem 6.Jh. v. Chr. neben dem Götterglauben seine eigene Denkrichtung. Natur-philosophen und Vorsokratiker wie Thales von Milet oder Heraklit sind dafür Zeugen. Schrittweise vollzog sich so eine Abkehr vom einstigen Götter-Glauben hin zum menschlichen Denken als Wissen. Dank Philosophie und Naturwissenschaft versuchten die großen griechischen Denker Sokrates, Platon und Aristoteles durch ‚vernünftig-rationales Denken‘ dem Ursprung und der Ursache aller Dinge auf den Grund zu kommen. Im Hellenismus trat diese Denkweise als Hochkultur ihren Siegeszug an, und erhielt im 15 Jh. n.Chr. durch Renaissance, Aufklärung und Neuzeit im Abendland eine neue Plattform, die bis heute anhält.

Bis zu Aufklärung und Neuzeit beherrschte jedoch biblisch-christlicher Glauben das abendländische Denken. Mit Jesus aus Nazareth vertiefte sich Glauben zur persönlichen „Abba-Beziehung“ zwischen Mensch und Gott. Im jüdischen Glauben erzogen, lebte Jesus im Einflussbereich hellenistischer Kultur und römischer Weltherrschaft. „Jesus, ein Mensch (biblischen) Glaubens und (griechischen) Wissens“, titulierte demgemäß Eisend seinen zweiten Vortrag. Im Laufe einer geistes-geschichtlichen „Plattenverschiebung“ haben sich beide Denkweisen spezifisch miteinander verbunden und blieben doch unterschieden. Maßgebend liegt diesem neuen biblischen Denken nicht mehr ein Denken von der Geburt her vor, sondern von Tod und Auferstehung. Faktisches Denken vermischte sich bei Jesus mit biblischer Deutung. Hinzu kommt die philosophisch-theologische Einbindung des Paradoxon GottesSohn-MenschenSohn des Christlichen Glaubens. So geht das Konzil von Chalcedon (451) weiterhin von Jesu menschlicher und göttlicher Natur aus, obgleich 100 Jahre zuvor beim Konzil von Nizäa (325) Gott und Mensch im Person-Sein „Jesus Christus“ geeint wurde. Diese existenz-bestimmende Grund-Erschütterung wie -Einung im „Widerspruch“ wohnt als Gegensatz und Dualismus dem dialektischen Geschichtsverlauf beim Christlichen Glauben inne. Nachfolge Jesu Christi ist daher für Eisend nur ‚doppel-logisch‘ vom „Widerspruch“ her zu denken. Sie trägt dualistische und dialektische Züge, und der Widerspruch als Axiom wie Kritik ist Christlicher Lebens-Existenz wesenseigen.

Christen sollten sich dessen insbesondere bei Gegenwarts-Problemen in Kirche und Welt bewusst sein. Sich einer Streit-Kultur aussetzen und Entscheidungen zuordnen können, ein Gebot der Zukunft. Bei Zunahme an Gegensätzen, Dualismen und Widersprüchen in unserer gesellschaftlich -globalen Entwicklung birgt Christlicher Glaube diese Hoffnungs-Perspektiven. Beim dritten Vortragsabend „… schon 2000 Jahre Christentum – was jetzt ?!“ versuchte Eisend dies anhand Kirchen- und Weltgeschichte sowie aktuellen Beispielen zu unterlegen. Seine Zuhörer brachte er jedenfalls auf vielfältige wie vielseitige Weise zum Nachdenken.

———————————————- ausführlicher und weitere Infos unter https://sites.google.com/site/josefeisend/

Ein neues Denken braucht der Mensch

Christlich Glauben mit Hoffnungsperspektive

Ein zeitgemäßes und zukunftsorientiertes Denken mahnte Pastoralreferent Josef Eisend in seiner dreiteiligen Vortragsreihe „Glauben und Wissen“ an. Teils thesenartig brachte er einem kleinen interessierten Zuhörerkreis in Malsch seinen Erklärungsversuch in der Fastenzeit nahe. Wider profan gängiger Weltsicht sind für ihn Wissen und Naturwissenschaft nicht der einzige Erkenntnisweg. Der Transzendenz-Bezug im Glauben auf dem persönlichen wie gemeinsamen Erfahrungsweg gehört für ihn ebenso zum Menschsein. Das Denken im Glauben wie im Wissen weist seit alters seine je eigenen, spezifischen Spuren auf. Glauben und Wissen sind zwei Denkweisen, die sich evolutionär unterschiedlich im Verlauf der Menschheits-Geschichte entwickelt haben. Die Überlegung, beide ‚wissenschaftlich‘ als Denkweisen zu bezeichnen, mag ungewohnt sein, ist aber der Diskussion würdig. Denn beide Denkweisen lassen sich -abstrakt gesprochen- in Anlehnung an die Relativitätstheorie zu den beiden Elementen: Masse/Materie und Energie analog setzen. Mit dem rationalen Denken der Griechen begann eine einseitige Beanspruchung des Wissens für vernünftiges Denken, das mit Rene Descartes (1596-1650) „Cogito, ergo sum“ dem Denken durch Ratio und Vernunft seinen Siegeszug mit Absolutheitsanspruch verlieh. Die sogenannten Wissens-Fakten objektiver Art, die heute der Glaubens-Deutung subjektiver Art gegenüberstehen, entspringen diesem neuzeitlich aufgeklärten Denken. Entwickelte sich materiell-sachbezogen bei den Griechen philosophisch und naturwissenschaftlich die Denkweise des Wissens, lässt sich die Denkweise des Glaubens mit seinen energetischen Kräften dem kollektiven Bewusstsein der Hebräer entnehmen. Dabei konzentriert sich die Denkweise Glauben auf das Phänomen „Beziehung“, das Wissen hingegen ankert im „Punkt“ Mensch und seinem denkerischen Bewusstsein. Glauben zeigt sich als Beziehung zwischen Jenseits und Diesseits, zwischen Geister-Götterwelt und Menschenwelt, und findet biblisch Glauben als „Beziehungs-Geschehen“ zwischen Gott und Mensch für menschliches Leben maßgebend, und verkündet Gottes Wort und Willen. In der biblischen Hochreligion des Volkes Israel und im Judentums erfolgt der Erfahrungswert „Beziehung“ als wechselseitiges Spannungs-Geschehen zwischen Gott Jahwe und seinem Volk. Das ‚Wissen‘ hingegen findet einzig und allein im bzw. durch den Menschen statt, und fand in griechischer Philosophie und Naturwissenschaft seinen erkenntnis-gewichtigen Nährboden und Ziehvater. Wissen beweist sich durch Erfahrung und Erkenntnis im ‚Denk-Punkt‘ Mensch, während Glauben dem im-materiellen und energetischen Faktum menschlicher ‚Denk-Beziehung‘ entspringt. Menschlicher ‚Erkenntnis‘-Vorgang: Wissen und der ‚Erfahrungs/Erkenntnis‘-Vorgang: Glauben erfassen und vermitteln somit dank ihrer je eigenen Gesetzmäßigkeit unterschiedlich die Wirklichkeit von Mensch und Welt. Theoretisch können also die beiden Denkweisen als Glauben und Wissen jeweils getrennt bedacht werden und weisen dennoch Züge von Verbundenheit und Komplementarität auf. Einheit und Zweiheit sind dabei insbesondere dem Glauben zu eigen. Denn Beziehung kann zugleich wechselseitig wie auch gegenseitig sein. Zugespitzt kann Glauben als ein doppel-polares Geschehen bezeichnet werden, Denkerisch hat „Beziehung“ im Menschen den Ursprung, aber als religiös-geistige Überzeugung ruht und endet sie zwischen zwei Substanzen/Ebenen. Dies lässt sich evolutionär über die Glaubens-Entwicklung von der Naturreligion mit Ahnenkult und Geisterglauben, über StadtGottheiten und GötterHimmel bis hin zum einzigen Gott Abrahams und der monotheistischen Ausrichtung des Volkes Israel im Glauben. Diese Denkweise hat seine eigene geschichtliche Entfaltung, die sich in Zweiheit ergänzen wie auch als Einheit abzustoßen vermag. Dieses energetische, spannungsvolle Zugleich beim Glauben offenbart insbesondere dann unterschiedliche, auch widersprüchliche Innen- und Außenwirkung, wenn die ‚geistig-geistliche‘ Denkweise Glauben auf die geistig-materielle‘ Denkweise Wissen trifft. Dieses Faktum ist gegeben, da beide -hypothetisch- dem Widerspruch entspringen und sich im Widerspruch bündeln und ergänzen wie auch differenzieren und trennen können. Widerspruch offenbart sich einseitig und zugleich wechselseitig. Einheit und Zweiheit sind zwei a-priori-Begriffe, die im Kern somit als je eigene Axiome für beide menschliche Denkweisen gelten. So bestimmt die Einheit bei „Beziehung“ das Miteinander siehe z.B. biblischer Glaube Gott-Mensch, wie auch das Nebeneinander z.B. GötterHimmel und MenschWelt. Geht man beim Wissen vom Denk-Punkt „Mensch“ aus, besitzt er einerseits als Einheit rationale Gültigkeit und Absolutheit beim Denken, bedarf aber zugleich der Zweiheit zum Dialog beim philosophischen Denken. Das Wechselspiel und die Festlegung zwischen Jenseits und Diesseits, Himmel und Erde, Transzendenz und Immanenz sind somit gegebene Voraussetzung, die bei jeder Entscheidung gegenseitiger Polarität bedarf und durch Differenzieren/Trennen oder Sammeln/Ergänzen Bewegung und Entwicklung bedingt. Glauben für „Beziehung“ und Wissen für „Mensch“ sind also Denkweisen, denen jeweils unterschiedlich Einheit und Zweiheit per se und dann im Gegen- wie Miteinander zugeschrieben werden kann.

Beide Methoden sind grundsätzlich existentiell und dienen dem menschlichen Leben positiv wie negativ – der Mensch scheint einer Waage gleich als ‚Widerspruch‘ dazwischen zu stehen. Kultur-geschichtlich lässt sich dies mit dem Entstehen begrifflicher Ausdifferenzierung bei Religion und Glauben wie auch beim rationalen Wissen ab dem ersten Jahrtausend v.Chr. verfolgen. Im biblischen Glauben wurde maßgebend das Miteinander von Gott und Mensch -siehe Volk Israel/Judentum- entwickelt. Im Hellenismus folgte dem zunächst noch geltenden Götter-Glauben im Nebeneinander das spätere philosophisch-naturwissenschaftliche Wissen, das über Griechenland hinaus dank hellenistischen Hochkultur seit Alexander den Großen (356-323 v.Chr.) der rationalen Denkweise Gültigkeit in Raumgestaltung und Lebensalltag erbrachte. Eine getrennte Weltsicht unter den beiden Prämissen Glauben und Wissen, und diese zugleich in ihrer komplementären Zusammenspiel scheint in Zukunft vonnöten zu sein. In Jesus Christus sind beide existentiell miteinander vermischt und verschmolzen, wie auch getrennt bedacht worden und haben den Verlauf des Christentums in unterschiedlicher Bedeutung und Gewichtung gewirkt und die abendländische Entwicklung und das gesellschaftliche Leben bestimmt. Aufklärung und Neuzeit haben einen Paradigmenwechsel zwischen beiden vollzogen, und nach Glauben wurde dem Wissen eine fast absolute Alleingültigkeit verliehen. Künftig ist diese wieder stärker an des Phänomen „Beziehung“ und Glauben als Ergänzung zurück zubinden. Einst haben menschliche Existenz Jesu und seine Gottes-Sohnschaft beide Denkweisen verbunden und prägten als Christlicher Glaube die abendländische Geschichte. Heutzutage gilt es beide Denkweisen getrennt und zugleich vereint zu denken, was für unser künftiges Leben und Handeln sich als Chance erweisen kann.

Zwischen 1500 und 500 v.Chr. sind biblisches Glauben und philosophisches Wissen entstanden. Voneinander unabhängig in Weltsicht und Lebensauffassung, prägte sich gleichwertig nebeneinander einerseits in griechischen Städten ein Zusammenleben mit zusehends philosophisch-naturwissenschaftlichem Grundverständnis aus, beim Volk Israel hingegen bestimmte „Beziehung“ nach Jahwes Willen und in seiner Gegenwart Denken und Handeln der Gesamtheit kollektiv. Man kann davon ausgehen, im Zweistromland Mesopotamiens sind die Ursprünge noch in einem Glaubens-Verständnis mit Geistern und Göttern in der Natur und mit Stadt-Gottheiten maßgebend gewesen. Eine sich differenzierende Weiterentwicklung erfolgte dann durch das Volk Israel und griechische Stadtstaaten. Durch die ‚Stammväter des Glaubens‘ Abraham/Isaak/Jakob und das Volk Israel erhält Glauben seine biblisch- monotheistische Ausrichtung. Das Miteinander von Gott und Mensch war prinzipiell in der „Beziehung“ grundgelegt, obgleich eine meist einseitige Zuordnung auf Gott hin in Form von Gottes Wort, Gottes Willen und Geschichte, Kult und Symbolik vorherrschte und sich eine ‚Heilsgeschichte‘ mit Jahwe ausprägte. Die wechselvolle Geschichte des Volkes zeugt von einer wechsel-seitigen wie wechsel-vollen Beziehung. Israel durchschreitet mit seinem Gott Krisen und Spannungen von Beziehung, die aber zugleich zur vertieften Erkenntnis Gottes führten. Sie erlebten ihn als Fremden und Fernen, was sie nicht für möglich gehalten haben. Sie klagten ihn immer wieder wegen seines Schweigens und einer offensichtlichen Untätigkeit an. 587 v.Chr. stürmte der babylonische Herrscher das hebräische Königreich Juda, verwüstete Jerusalem, der Tempel Jahwes ging in Flammen, wahrscheinlich mit der Bundelade und den Tafeln der Zehn Gebote. 10- bis 20-Tausend Judäer wurden deportiert, fern ihrer heiligen Stätten nach Babylon mit einer vitalen Götterschar. Dort wächst der Glaube an diesen Gott im Dennoch und in steter Gegenwart zu neuen Dimensionen. Katastrophe des Exils, Wegführung in die babylonische Gefangenschaft und Zerstörung Jerusalems werden zur äußersten Herausforderung. Propheten weisen inmitten der Klage über die Untreue Gottes auf die innige Verbindung Jahwes mit seinem Volk hin. In immer neuen Bildern beschreibt Jesaja Gott Jahwe wie eine Mutter, wie einen Bräutigam, wie eine Gebärende, und verkündet, gerade von diesem Gott wird die Rettung kommen. Als Israel im Exil keinen Ort hatte, wo sie ihren Gott verehren und sich im Kult mit ihm verbinden können, da prägen sich die Alltagsrituale in der Familie aus. Man entwickelte das Studium der alten Schriften, und die Erzählungen vom Auszug aus Ägypten werden lebendig, weil sie Zeugnis geben von Gottes Kraft und seiner Zuwendung mitten in der Not. Dass Jahwe dann sogar durch einen Fremden wie dem Perserkönig Kyros Heil wirkt, wird so ge-deutet, wie dann auch die Rückführung des Volkes Jahwes. Offenbar das Fremde, Unerwartete, Überraschende, das ganz andere ist es, in dem sich dieser Gott zeigt. Die Erfahrung der Fremdheit Gottes lenkt den Blick zurück auf die erste Offenbarung Jahwes, auf die Begegnung Mose mit Gott im brennenden Dornbusch und Jahwes Selbstmitteilung „Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs … und ich habe die Not meines Volkes gesehen.“ (Ex 3,6) Glauben spiegelt also den Denk- und Erkenntnisvorgang der wechselseitigen Beziehung zwischen Volk Israel und Gott Jahwe wieder. Als Treue-Bund stellt diese Beziehung: Gott Jahwe und Volk Israel das stetig gegenwärtige Miteinander in Gottes Gegenwart dar. Geschichtlich hat sich daraus die exklusive Volks-Identität und Glaubens-Gewissheit für das Judentum durch religiöse Abgrenzung und geistige Vertiefung ergeben. Nun klammerte man sich fester an den herkömmlichen Glauben als zuvor und den Kult im Jahwe-Glauben. Im Exil wurde so Glauben nicht nur wachgehalten, sondern wurde zu Neuem verändert durch Festschreiben überlieferter Geschichte, und durch Vorschriften sowie Gesetze der Jahwe-Priester. Der Schriftprophet Jesaja kann so exklusiv über die anderen Götter spotten: „Seht her: Sie alle sind nichts, ihr Tun ist ein Nichts.“ „Vor mir wurde kein Gott erschaffen, und auch nach mir wird es keinen geben.“ Der Monotheismus ist in der Welt und wird zum Erfolgskonzept im denkerischen Dreieck von Schöpfer – Schöpfung – Geschöpf und im bundesgemäßen Beziehungs-Miteinander von Gott Jahwe und Volk Israel. Anders in Kleinasien und Griechenland. Dort entwickelte sich die ursprüngliche Beziehung von Götterwelt und Menschenwelt nicht vom Nebeneinander zum Miteinander. Hier erbrachte das Nebeneinander im Glauben an die Götterwelt eine andere Denkweise, nämlich das spätere Wissen hervor. Die voran gegangene Götterwelt-Menschverbindung wurde anthropologisiert und die Beziehung: Mensch zu Mensch maßgebend. Die Frage des Menschen nach dem Urstoff von Welt und Leben agierte zielorientiert ideell-materiell. Dieses Nachdenken seit dem 6.Jh. nahm so neben dem Götterglauben eine andere Denkrichtung. Naturphilosophen und Vorsokratiker wie Thales von Milet oder Heraklit sind dafür Zeugen. Schrittweise erfolgte diese Abkehr vom einstigen Götter-Glauben im Lauf nachfolgender Jahrhunderte. Natur und Kosmos bestimmten und beherrschten immer mehr, unterstützt durch philosophische und logische Hinweise, Zusammenhänge und gedankliche Verknüpfungen menschliches Denken. Naturlehre und Philosophie führten dieses Denken zur griechischen Hochkultur durch Wissen. ‚Vernünftiges‘ Denken vermochte so dank der großen griechischen Denker Sokrates, Platon und Aristoteles dem Ursprung und der Ursache aller Dinge auf den Grund zu kommen. In Platons „Theaitetos“ wird das Wissen im Dialog zwischen dem Mathematiker Theaitetos und Sokrates als wahre gerechtfertigte Meinung erörtert. In der gedanklichen Auseinandersetzung widerspricht Sokrates der Annahme, zwischen Wahrnehmung, Erkenntnis oder Wisse gäbe es keinen Unterschied, was auch für den Philosophen Protagoras galt. Von ihm stammt der Spruch: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge, die Seienden, dass sie sind, und die Nichtseienden, dass sie nicht sind.“ Differenzierung und Wertung zwischen Ja und Nein, wird für diese Denkweise zur Triebfeder. Demnach sind die Dinge so, wie sie jeweils dem Betrachter erscheinen, wobei Sokrates bereits auf die Relativität aller Dinge und Verhältnisse hinweist. Heute wird Wissen als Bestand von Fakten, Theorien und Regeln verstanden, „die sich durch den größtmöglichen Grund an Gewissheit auszeichnen, so dass von ihrer Gültigkeit bzw. Wahrheit ausgegangen wird“(Wikipedia) Auch wenn es kein absolut sicheres Wissen gibt, da die Widergabe der Wirklichkeit seit Anbeginn auf der Erkenntnis von Sinnesdaten beruht und demnach letztlich hypothetisch bleibt, wohnt ihm als Selbstverständlichkeit aber der Wahrheitsanspruch inne. So vermittelte die vernünftige Logik -mit Ausklammerung des Widerspruchs durch Aristoteles- dem Wissen ein denkerisches Fundament im Menschen, auf dem sich die geistige und kulturelle Expansionskraft des Hellenismus im Römischen Weltreich entfalten konnte.

Folgerichtig beherrschten beide Denkweisen -freilich in unterschiedlicher Gewichtung die Philosophie- das abendländische Bewusstsein bis ins Mittelalter hinein unter dem „Schutzmantel“ des Christlichen Glaubens. Denn in Fortsetzung des biblischen Glaubens, agierte die Denkweise ‚Wissen‘ mit ihrem Ratio-Vermögen und Wahrheits-Streben verdeckt bis verdrängt im Glauben. Im Christlichen Glauben wurde bereits in der römischen Kaiserzeit Platons Vorstellung vom Ideal aufgenommen, um dem geistlichen Streben beim Erringen göttlicher Tugenden als Gottes Ebenbild nachzukommen. Vernünftiges Denken im Glauben fand dann bei den Kirchenvätern großen Anklang wie dies bei Clemens von Alexandrien im späten 2 Jh. oder dann im 4. Jh. bei Ambrosius und Augustinus der Fall war. Theologische Einbindung und praktische Umsetzung bewirkten Christliche Glaubens-Lehre, wobei Wissen den religiösen Glauben ergänzte. Diese Lehren wurden dann von den Scholastikern Albertus Magnus und Thomas von Aquin später dankbar aufgegriffen und diskutiert. Seit Anfang, dann unter Kaiser Konstantin und mehr als tausend Jahre beschäftigten Theologie, Philosophie und das kirchliche Lehramt die Verhältnisbestimmung zwischen beiden die Kirche wie auch das Reich. Christliche Glaubens-Fragen, welche Quellen für die Gotteserkenntnis Relevanz haben, wurde als Glaubens-Wissens-Kontroverse zwischen Glaubens-Wahrheit und Vernunft-Wahrheit geistlich, aber auch weltlich ausgetragen. Dieses Problem reicht letztlich katholischerseits bis in die Gegenwart von Johannes Paul II. Enzyklika „Fides et ratio“ (1998) hinein, wo sowohl die Autonomie der Vernunft betont als auch das Lehramt über die Vernunft gestellt wird.

Für die nächsten beiden Vorträge ist dieses Vorverständnis mit der neuen Sicht: Christlichen Glauben vom „vom/im Widerspruch“ zu denken wünschenswert und hilfreich. Das Zugleich von Glauben und Wissen im Miteinander wie Nebeneinander, von Einheit und Zweiheit kann dann besser bedacht und verstanden werden. Denn beide Denkweisen fließen und wirkten im Christlichen Glauben über zweitausend Jahre hinweg. Mit anderem begrifflichen wie inhaltlichem Verständnis in Umsetzung und Anwendung durch Kirche und Reich einst, wurde dem Christentum der Boden dualistisch (für-wider beider statisch) wie auch dialektisch (beide im dialogischen Prozess) bereitet. Neuzeitlich blieb dann der Dialog (zwischen Gott und Mensch/Theologie und Philosophie) glaubens-gemäß zunächst bestehen, wurde im Verlauf der Jahrhunderte aber wissens-gerecht im Dialog zur Wahrheitsfindung im Menschen ver-erdet. Der Mensch im Doppel-Stand verankerte so den Himmel auf Erden. ‚Fast gesetzmäßig‘ lebte Christlicher Glauben denkerisch im Widerspruch und entwickelte sich im geschichtlichen Handeln als Einheit. Das christliche Abendland offenbart so immer wieder den Widerspruch in seiner spannungsvollen Entwicklung im Ringen um die richtige Glaubens-Lehre und das Leben als gott-gefälliges Volk Gottes durch Kirche und Reich bei deren beider weltlichem Herrschaftsanspruch. In Umsetzung und Vollzug bestimmte Kirche die Lehre. Üblicherweise war, was nicht der wahren Lehre entspricht, eine Irrlehre, die es als Häresie auszumerzen galt, notfalls auch mit Tod und Sterben seiner Vertreter oder Verteidiger. Abgesondert, abgetrennt und getötet wurde somit ‚auf Erden‘ aufgrund kirchlicher Glaubens-Hoheit in der Lehre, zusehends mittels weltlichem Reichs-Schwert. Der geschichtliche Prozess gleicht so einer Gradwanderung zwischen Wahrheit-Findung im ‚einheits-gemäßen‘ Glauben dank Differenzierung, Trennung, Absonderung, ja sogar Verfolgung und Tod, andrerseits im Streben um eine sozio-kulturelle Einheit aller Christ-Gläubigen gemäß realer wie idealer Möglichkeiten und Ziele dank Kompromiss und Ergänzung, dank familiärer Verbindung und Verflechtung, sowie dank strategischer Bündnispolitik. Dem Anspruch gemeinsam in Frieden und Gerechtigkeit zu leben sollten dabei Herrschaft und Wahrheit, Recht und Ordnung nachkommen.

Beim zweiten Vortragsabend war Thema „Jesus, ein Mensch (biblischen) Glaubens und (griechischen) Wissens“ Jesus von Nazareth ist Kern und Mittelpunkt dieser, einer neuen Wirklichkeits-Sicht im Christlichen Glauben geworden. Aus dem Widerspruch und im Zugleich entstanden aus Verschmelzung wie Trennung beider Denkweisen eine neue. Jesu Existenz bedingte somit eine geistes-geschichtliche „Plattenverschiebung“ von Glauben und Wissen. In Folge der Auferstehungs-Überzeugung, verschob sich bei den Anhängern Jesu, verstärkt dann durch Nachfolge und Ausbreitung, die neue Glaubensrichtung, die die menschliche Existenz Jesu zur konkreten Wirkkraft Gottes hin ausrichtete durch die Auferweckung, was letztlich die Lehre von der „GottesSohnschaft“ Jesu bedingte und systematisieren ließ. Biblisches Selbstverständnis Jesu als Jude ergänzte sich durch theologisch-philosophische Reflexion über ihn zum Doppel-Verständnis: MenschSohn und GottesSohn in Jesus Christus. Das Zusammenleben von Menschen in neuen Glaubens-Gemeinschaften, die auf dem Land wie in den Städten lebten, lebten sie als Christen inmitten von Juden und Heiden, und waren eingebunden in ein Römisches Weltreich mit römisch-hellenistischer Kultur. Rund 20, 30 Jahre nach Jesu Tod beginnen zahlreiche Autoren von Jesu Wirken zu berichten mit biblischer wie hellenistischer Verankerung, siehe Paulus. Eine bunte, manchmal widersprüchliche Vielfalt von Glaubenszeugnissen entsteht. Bezug und Deutung von Jesu Leben und Wirken mittels des Alten Testaments bilden geistliches Rückgrat und ermöglichen eine neutestamentliche und biblische Weiterentwicklung von Gottes Wort, Gottes Auftrag und Botschaft im Beziehungs-Geschehen: Gott und Mensch. Jesu Leben in Wort und Tat, sein Tod und seine Auferstehung in den vier Evangelien, die Entwicklung von Nachfolge und Mission in der Apostelgeschichte, Briefe seiner Apostel an die Gemeinden und die Offenbarung an Johannes bündeln sich zur neuen Lehre im Neuen Testament. Daraus legt um 400 n.Chr. die Amtskirche einen verbindlichen Kanon fest und bestimmt, was Wahrheit ist. Alles andere wird als Irrglaube verworfen, verfolgt und dann auch mit dem Tode bestraft.

Die Denkweise Glauben erfährt so durch Jesus einen Neuansatz im Auferstehungs-Glauben. Diese Ergänzung und Deutung von menschlichem Leben wird nun vom Lebensende her bedacht. Nicht mehr von der Geburt her, wie bisher bei Glauben und Wissen gegeben, sondern Jesu Tod und Auferstehung werden als Einheit maßgebend für die biblische Sichtweise der Christen und das menschlich-göttlichen Miteinander in steter Gegenwart Jesu Christi. Diese Einheit von MenschenSohn und GottesSohn in Jesus Christus bedingt zugleich die Deutung göttlicher Zweiheit in der Auferweckung durch den Vater und Auferstehung als Gottes Sohn. Gottes Beziehung und Gegenwart in Jesus Christus wird damit Ausgangspunkt ‚Christlicher Denkweise‘ im Glauben, und beinhaltet zugleich die wissens-gemäße menschliche Wirklichkeits-Sicht. Jesu „Beziehungs-Geschehen“ mit dem Vater konnte so menschlich als persönliches Miteinander von Gott Vater und Gottes Sohn gedeutet werden. Funktional lag dem Leben Jesu als Gottes Sohn die Heils- und Erlösungs-Funktion als Messias und Erlöser nahe. Ebenso ergänzte Jesu Abba-Beziehung die bisherig kollektive biblische Treu-Beziehung zwischen Volk Israel und Gott Jahwe, und erweitere diese biblisch zu einer ebenso primär gegebenen, individuellen und persönlichen Treue-Beziehung Jesu, d.h. Christlich Glauben besagt: biblisch hat die alt-testamentliche Kollektiv-Beziehung im Glauben ihre Ergänzung durch die neu-testamentliche Individual-Beziehung Jesu erhalten, und Glauben wurde nun von Jesus Christus her gedeutet. Dem Alten Bund folgte mit Jesus Christus der Neue Bund als Erfüllung des verheißenen Messias und Erlöser, mit ihm als „wahrer Gott“ und „wahrer Mensch“. Die bisherige biblisch-geschichtliche Glaubens-Beziehung von Jahwe und Volk Israel mit erwählten Ausschließlichkeits-Anspruch kollektiv Art, gewann nun mit der individuell-persönlichen Glaubens-Beziehung Jesu abermals ein neues, differenzierendes Denken im Glauben. Die Kollektiv-Beziehung des AT entfaltete sich nt-lich zur neuen Glaubens-Gemeinschaft als Ekklesia, die sich auch als das Neue Volk Gottes verstand. Gegenüber den Juden beanspruchten Christen ihre neu-testamentliche Vorrangstellung bis hin zu kollektiven Vorherrschaft als Ekklesia im religiösen Glauben wie im weltlichen Reich. Jesu Doppel-Sein als Gottes- und Mensch-Sohn ermöglichte dank Glauben und Wissen „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“ die funktionale Entwicklung zum Christentum. Christlicher Glaube füllte sich theologie-geschichtlich mit Wissen und wurde zur Glaubens-Lehre systematisiert. Jesu Lebensgeschichte von Geburt bis zum Tod, sein Wirken auf Erden in Wort und Tat entsprach dem Willen und Wirken des „Abba Vaters“ im Himmel. Für den Christen in der Nachfolge sind beide Welten: Himmel und Erde grundlegend und von Bedeutung, die persönliche „Abba-Beziehung“ Jesu und die kollektive Gemeinschaft als „Leib Christi“ werden maßgebend. Dies kann bzw. muss der Kern-Voraussetzung gemäß auch zu Widersprüchen führen. Denn Christ-Sein geht von Jesu existentiellem Widerspruch aus, ist geistlich-spirituell, persönlich wie gemeinschaftlicher Art. Christ-Sein kann sich offenbaren und äußern in subjektiver Überzeugung und kirchlicher Lehre, als ‚Zugleich‘ biblischer Erfahrung im Glauben und menschlichem Verstehen im Wissen. Jesu Doppel-Identität (von dieser Welt und nicht von dieser Welt) im Widerspruch (zugleich Gott und Mensch) wurde zur Wesens-eigenschaft Jesu Christi selbst, und ist in der Nachfolge des „Erstgeborenen“ jedem Christen eingeschrieben, und als Kennzeichen mit Doppel-Funktionen lebendig.

Im hellenistisch beeinflussten Mittelmeerraum bedingte die missionarische Expansionskraft der Christ-Gläubigen die Verbreitung des Glaubens und das Anwachsen christlicher Gemeinden. Ihre Lehre entwickelte sich zur neuen Religion und baute sich die Kirche als „sicheren Fels“ mit geistlichem Fundament und geistig-rationaler Denkweise. Wahrheits-Fragen nach dem „Wesen“ (lateinisch: „substantia“) oder der „Natur“ dieses Jesus von Nazareth, nahmen daher in den ersten Jahrhunderten zu. Denn, wenn Jesus Mensch und sein Leiden Ausdruck freiwilliger Erniedrigung (Kenosis) des Sohnes Gottes aus der Sphäre Gottes (Phil 2,1-11) ist, dann ergibt sich daraus die Vorstellung einer Präexistenz, und das heißt eines ewigen Seins beim Vater schon vor der Menschwerdung (Joh 1,1–18). Die in all diesen Überlegungen enthaltenen Paradoxien und logischen Denkprobleme waren zum Hauptthema theologischer Erörterung und Lehre geworden. Dies führte zur Abfolge dogmatischer Streitfragen, die autoritativ mit kirchlichen Lehrentscheidungen beantwortet wurden. Dabei wurde die Diskussion um Jesu Menschlichkeit zum großen Teil parallel zur Diskussion um seine Göttlichkeit geführt, da sich angesichts des Todes Jesu ja beide Aspekte überschneiden. Die „Person“ Jesu als Jesus Christus vermochte Gott-Sein und Mensch-Sein als Widerspruch beider Denkweisen in einer Art „existentieller Kernschmelze“ zu einen, und begründet seitdem das irdische Leben als Christ im „existentiellen Widerspruch“ von Einheit in Jesu Person und Zweiheit in Jesu Natur. Vater und Sohn, zwei Personen in Gottes Einheit „unwandelbar, ungetrennt, ungeteilt und unvermischt“, aber Zweiheit menschlicher und göttlicher Natur wurden so für die Nachfolge Jesu zur Grundlage christliche Existenz. Historisch waren intensive Auseinandersetzungen um die Interpretation der Person Jesu Christi, insbesondere in Bezug zum Gottsein Gottes vorausgegangen. Philosophisch gebildete Christen versuchten ihren Glauben mit der griechischen Philosophie und der Logik des Aristoteles zu verstehen, und den Glauben in ein widerspruchsfreies Denk-System zu bringen. Mit dem Belassen von Widersprüchen einerseits, verband und ergänzt sich andrerseits bereits im 2.Jh. jüdischer und griechischer Geist. Konzilien dienten bei Konflikten nach jahrelangem Widerstreit für Lösungen um den Christlichen Glauben im Miteinander als Lehr-Einheit wie zu Nizäa (324) bei Gott und Mensch, oder im Nebeneinander als Zweiheit wie zu Chalcedon (451) als eine Person in zwei Naturen, seine Wahrheits-Anspruch denkerisch zu verleihen. Man übernahm die Logos-Lehren des Platonismus und baute darauf eine Dreieinigkeits-(Trinitiäts-)Lehre auf, die besagt, dass der eine Gott als „Sein-in-Beziehung“ von drei „Personen“ zu denken sei: als Schöpfer, Erlöser und Heiliger Geist. Dank dieser Logik konnte das Christentum ‚Jesus ist Gott‘ formulieren und 451 das Dogma der Dreifaltigkeit verkünden: Jesus Christus ist „wahrer Gott“ und „wahrer Mensch“ zugleich. Die theologisch-philosophische Entwicklung im Christlichen Glauben durch Zeugen, Denker und Träger dieser Denkweise ging einher mit entsprechendem Handeln in Kirche und Reich, durch Kaisertum und Papsttum. Im Kampf um den Kaiserthron kam es bei Rom 312 n.Chr. zur Entscheidenden Schlacht zwischen Konstantin und Maxentius. Ein Zeichen des Christen-Gottes am Himmel gibt den Ausschlag, und Konstantins Sieg bewirkt eine epochale Wende. Konstantin erkennt das Christentum als eine Weltanschauung, die dem zerrütteten Imperium als geistige Klammer neuen Halt gibt und in der Kirche eine Stütze für das ganze Reich findet – Theodosius erklärte dann 391/392 das Christentum zur Staatsreligion. Im Streben um die Einheit des Glaubens im Reich hatte Konstantin bereits 325 das Konzil zu Nizäa einberufen. Allerdings setze er sich später von der lateinischen Kirche wieder ab aufgrund persönlichem Machtstreben durch die Neugründung von Konstantinopel als neuem Sitz seiner weltlichen Herrschaft. Die Kirche selbst baute sich schrittweise administrativ aus mit einer monarchisch-hierarchischen Kirchen-Struktur. Rom war für die Kirche das Zentrum und der Papst verstand sich als Stellvertreter Gottes „auf Erden“, der somit geistlich und weltlich zugleich das Sagen hatte und entsprechend seine Herrschaft ausübte. Konstantin hingegen baute sein Konstantinopel für seine weltliche Herrschaft, und schuf damit die Grundlage für den späteren geistigen wie kirchlichen Bruch in der Christenheit zwischen Rom im Westen und Konstantinopel im Osten, zwischen Morgenland und Abendland. Denn in den nachfolgenden Jahrhunderten bedingten wachsende Entfremdung und langwährender Streit, sei es um die Sprache Latein oder Griechisch, um liturgische Fragen, um die Priesterehe und um den Machtanspruch zwischen westlicher und östlicher Kirche, den Bruch. Die Bannbulle des römischen Papstes wider byzantinischem Patriarchen und seinen Ausschluss aus der christlichen Gemeinschaft führten 1054 gegenseitig zu Bann und Exkommunikation, zum Schisma zwischen Rom und Byzanz, zur Trennung von orthodoxer und lateinischer Kirche.

Entwickelte sich im Westen die Kirche bis ins Spät-Mittelalter hinein zur selbständigen geistlichen Größe im Ringen um die Oberhoheit für die Christenheit zwischen Kaisertum und Papsttum, ordnete sich im Osten die Orthodoxie der weltlichen Schutz-Herrschaft des Kaisers zu bzw. unter. Im Westen blieben kirchliche Eigenständigkeit und zeit-bedingtes Streben nach Augustinus Ideal vom Gottes-Staat und dem Wie wirksam und lebendig. Der Streit um das Wie von Vorherrschaft und Herrschaftsgestaltung durch Papst und Kaiser für Kirche und Reich diente dabei immer wieder der Differenzierung und Vertiefung im Sachverhalt. So ging es beim Investiturstreit darum, wer Oberhaupt der Christenheit sei, um das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Macht: Wer darf Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte einsetzen? Papst Gregor hatte mit geistlicher Vollmacht als Christi Stellvertreter auf Erden König Heinrich IV. nach dessen Forderung eines Papst-Rücktritts ihn exkommuniziert. Damit war Heinrich von der Herrschaft über das Reich und seine Untertanen vom geleisteten Treue-Eid entbunden. Die Fürsten verlangten ultimativ eine Versöhnung. Heinrich veranlasste dies zum „Gang nach Canossa“, um barfuß im Schnee und im Büßergewand vom Papst in der Festung die Rücknahme zu erbitten. bewirken. Mit diesem Streit verschiebt sich die mittelalterliche Machtbalance zugunsten einer vom Kaiser unabhängigen Kirche. Papst und Kirche wurden zu einem eigenständigen Machtfaktor, der auch im Widerspruch zu Christlicher Lehre und Botschaft leben und regieren konnte. Immer wieder traten Zeugen und Vorbilder im Glauben auf, um die Missstände in Kirche und Reich anzuprangern. Kirchliche Lehre und pastorale Praxis versuchten den alltäglichen und gesellschaftlichen Widersprüchen in Kirche und Reich, im Machtbereich von Papst und Kaiser zu begegnen. Glauben primär und Wissen sekundär bestimmten und beherrschten das mittelalterliche Volk, das vielfach in Lebens-Armut und Ängsten vor dem Tod lebte. Es war von den geistlichen wie weltlichen Herrschern abhängig bis ins Zeitalter von Reformation und Neuzeit hinein. Weltliche Macht und geistliche Verantwortung gingen Hand in Hand, um den Widersprüchen des alltäglichen Lebens durch neue Glaubens-Vorstellungen zu begegnen, oder um Konflikte mittels Glauben beim Herrschen wie in Abhängigkeit durch Dialog und Disputation, aber auch durch Intrigen, Verfolgung, Kampf, Krieg und Vernichtung zu entspannen und zu lösen.

Geistesgeschichtlich ging im Christlichen Abendland seit dem 15. Jahrhundert mit Renaissance und Reformation ein differenziertes Denken im Glauben wie im Wissen vor sich. Mit Berufung auf die Heilige Schrift entwickelte sich im Glauben gleichsam eine Erneuerungs- und Reformbewegung „des Widerspruchs“ mit Rückwirkung auf Kirche und Reich. Gleich den Bettelorden beruft man sich auf eine einfache Lebensweise fern kirchlichem Reichtum in der Nachfolge Jesu, wie dies Franziskus mit einem Leben in Armut und Mittellosigkeit vorlebte. Oder man verankert die Lebensweise reformatorisch im biblischen Wort Gottes bei offener Gestaltung von Kirche und Gemeinde, wie dies bereits durch John Wyclif +1384, Jan Hus +1415 hervorgehoben, und dann im Widerspruch zur bisherigen kirchlichen Glaubens-Lehre durch die Reformatoren Martin Luther, Huldrych Zwingli und Johannes Calvin im 16.Jh. umgesetzt worden ist. Dabei haben Tradition und Kirchen-Gestalt einen geringen bis keinen Wert, einzig die bibelgemäße Forderung hat ihre Auswirkung im diesseitigen Leben. Reform und Erneuerung um der Wahrheit und Wahrhaftigkeit gemäß dem biblischen Glauben in Christus war richtungsweisend. Eine Differenzierung im geistlichen Kirchen- und weltlichen Herrschaftsverständnis vollzieht sich mit Luthers „Zwei-Reiche-Lehre“. Der weltlichen Obrigkeit obliegt die Schutzfunktion für Glauben und Glaubens-Gemeinde und ihr ist Gehorsam geschuldet. Unterschiedlich ist somit die Kirchliche Entwicklung der Glaubens-Gemeinschaft zur konfessionellen und ihre Zuständigkeit im weltlichen Kontext.

Die Neuzeit bestimmte eine weitere Differenzierung im gesellschaftlichen Leben betreffs Zuständigkeit, Nutzen und Kompetenz von Kirche und Reich, Konfession und Staat in einer zunehmend säkularen Wirklichkeit. In die Französischen Revolution entluden sich geistig und sozial diese Spannungen und ermöglichten einen „weltlichen Neubeginn“ mittels der Vernunft durch Wissen und Wissenschaft. Der Bruch bzw. Abschied von herkömmlichen Glauben und kirchlicher Einflussnahme vollzieht sich bis in die Gegenwart hinein. 1789 war der Katholizismus in Frankreich noch Staatsreligion und jede protestantische Strömung war seit der Reformation der Verfolgung ausgesetzt, die 1685 unter Ludwig XV ihren Höhepunkt im Absolutismus erreichte. Mit Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte hielt ein neues, aufgeklärtes und wissenschaftliches Denken Einzug in einer zunehmend säkularen Gesellschaft. Klöster werden geschlossen und der Besitz der Kirche dem Staat zugeführt. Bis zum Konkordat unter Napoleon (1801) und einem geregelten Umgang mit Kirche und Religion ging es um die „Entchristlichung“ der Gesellschaft und Umwidmung von Kirchen in „Tempel der Vernunft“, um eine Verschiebung vom Glauben hin auf das Wissen unter dem Postulat von Vernunft, was der profanen und säkularen Gesellschaft ein neues Selbstverständnis gab neben zunehmender Privatisierung von Religion und Glauben bis in unsere Gegenwart hinein.

Die Kooperation von evangelischer Kirche und katholischer Kirche mit der weltlichen Macht von Kaiser und Fürsten zu Zeiten der Reformation, später nach der Französischen Revolution mit dem Staat, ist bis ins 20.Jh. in Deutschland unterschiedlich verlaufen. Seitens der Reformatoren führte dieser Prozess z.B. in Deutschland über den Kulturkampf unter Bismarck hin zum Zwiespalt einer partei-getreuen Gefolgschaft „Deutscher Christen“ wie auch zum Widerstand durch die „Bekennende Kirche“ im Dritten Reich. Katholischerseits verfestigte sich die Kirche mit dem I.Vatikanum 1871 zu einer hierarchisch-monarchischen Zentralmacht mit absolutistischen Zügen von päpstlichem Jurisdiktionsprimat und Unfehlbarkeitsanspruch, die dann mit dem II.Vatikanum aufgebrochen wurde und im „Volk Gottes“ mit seiner priesterlichen, prophetischen und königlichen Kompetenz ihren Gegenpart und Widerspruch fand, und so sich die Kirche erneuern und verändern kann. Seitdem ringen beide Kirchen-Systeme um ihre Macht- und Herrschaft. Mit Recht kann heute gefragt werden, was in Zukunft aus der Auseinandersetzung beider Tendenzen in der Katholischen Kirche hervorgeht, was aus einem ökumenischen Miteinander der Konfessionen werden wird, und was für Kirche und Staat in Europa maßgebend und zukunftsträchtig sein wird, ohne dass aus einem sich abschwächenden bisher konkordats-bedingten Miteinander in Deutschland es zu einem laissez-fairen Nebeneinander wie in Frankreich kommt. Dies alles geschieht in einer profanen westlichen Gesellschaft, die im Ringen zwischen Glauben und Wissen genauso wie zwischen Staat und Kirche nicht mehr ihre Chance im Christentum erkennt bzw. die Wirkkraft des Glaubens verkennt.

Bei den vielfältigen Gegenwartsproblemen voll Widerspruch ist heut nach dem Kern und den Grundzügen des Christlichen Glauben fragen. Der Widerspruch mit seinen Methoden von Dualismus und Dialektik scheint gleichsam das existentielle Kern-Geschehen zu sein. Bei persönlichen wie gesellschaftlichen Spannungsfeldern, situativ wie global, gilt es lösungsorientiert mit dem Widerspruch umzugehen. Im differenzierten Doppel-Blick des Christlichen Glaubens mittels Glauben und Wissen könnten heilstiftende Möglichkeiten bedacht werden. Denn auch Jesus hat mit seiner geistig-geistlichen Denkweise im Glauben Spannungszustände ausgehalten. Aus seiner menschlich-göttlichen Beziehung schöpfte er Kraft, um Spannungen und Widersprüchen in und mit Gottes Liebe zu begegnen. Seine göttlich-menschliche ‚Zweiheit‘ vermochte dualistische Gegensätze sowie dialektisch Schritte um des Menschen willen in Liebe zu meistern. Jeder in Nachfolge des „Erstgeborenen“ sollte entsprechend diesem Bewusstsein und Auftrag im Glauben handeln und leben. Der Christ lebt dabei stetig mit „Zwei Welten“, die mittels der beiden Denkweisen bedacht, zur Entschlüsselung bereit und zum Abwägen offen sind. Die Wirklichkeitssicht der „zwei Welten“, mit denen wir leben, zeugt von der Grund-Erkenntnis wie -Erschütterung, immer auch mit dem Widerspruch leben zu müssen. Solch Bewusstsein verleiht dem Christlichen Glauben die Fähigkeit, menschliches Dasein mit seinen (dualistischen) Gegensätzen zu verstehen und (dialektisch) Entwicklung positiv zu sehen und zu erstreben. Neben unserem Denkvermögen sollten daher diese ‚Zwei Welten‘ unsere geistlich-weltliche Grundhaltung prägen und Handeln bestimmen – d.h. in der Gesellschaft mittels Staat und Kirche verantwortlich damit umzugehen entspricht dem Weltauftrag des Christen.

Aus dem komplementären Miteinander von biblischem Glauben und philosophischem Denken entwickelte sich einst die Wirkkraft von Jesu Wort und Tun, die dem Christlichen Glauben zur zwei-tausend-jährigen Geschichtsprägung die Schubkraft gleichsam in der Quadratur des Kreises verlieh – Quadratur als Glauben-Wissen-Reich-Kirche; Kreis als geschichtliche Entwicklungsspirale d.h. Christentum hat die Aufgabenstellung, dem Menschen Lebenssinn durch Glauben-Liebe -Hoffnung zu verleihen. Religiöses und säkulares Denken und Handeln standen dabei im engem Austausch miteinander, manchmal in Einklang und Einheit, dann wieder im unterschiedlichen Gegeneinander der vier Faktoren. ihr Profil fanden. Glauben und Wissen bestimmten und prägten nacheinander beim Denken das menschliche Bewusstsein im abendländischen Christentum, Reich und Kirche im Herrschafts-Handeln bestimmten den Verlauf der Geschichte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation über eineinhalb Jahrtausende. Unterschiedlich rangen beide jeweils um Vorherrschaft im geistes-geschichtlichen Denkprozess wie beim politischen Handeln im Laufe der abendländischen Geschichte. Zugespitzt angemerkt, stehen kirchlicherseits der geschichtsbedingten Trennung, Absonderung und Vernichtung von Sündern, Ketzern und Feinden im Glauben um der Wahrheit willen, das aufrichtige Bemühen nach Vergebung, Versöhnung und Einheit in Liebe gegenüber. Kirche offenbart seit zwei Jahrtausenden diesen Zwiespalt und Widerspruch, was sich zeitbedingt im Auftrag und Selbstverständnis von Stellvertretung Gottes im Glauben als Dilemma zwischen Glauben und Wissen, und kirchlich als Einsatz für Glaubens-Wahrheit oder Liebes-Zeugnis offenbart. Der aufgeklärte und mündige Mensch versuchte der Neuzeit ein ‚Denken im Wissen‘ dank Philosophie und Naturwissenschaft zu geben. Wissen trennt sich zusehends vom Glauben, und Reich/Staat und Gesellschaft lösten sich aus dem Widerspruch und Grundspannungen beim Denken. Glauben und Wissen, Staat und Kirche, gingen zueinander auf Distanz. Man versuchte jenseits des Christentums vom Wissen her Lebenssinn und Weltorientierung zu geben und säkularisierte christliche Begriffe. Dieser Prozess, christliche Gehalte aus der Zivilgesellschaft zu eliminieren bzw. aus ihrem religiösen Zusammenhang zu lösen, wird heute wieder hinterfragt – was der Gesetzmäßigkeit des Widerspruchs entspricht. Was gemäß der Quadratur: Christentum dem Menschen seit Jesus Christus wesensgemäß ist, sollte und müsste wieder gemeinsam angegangen werden. Redlich und vernünftig sollten Christen ihrer irdischen und kritischen Funktion nachzukommen. Denn heute scheinen Zeit und Welt der Liebe Gottes zu bedürfen, die durch jeden lebensnah vermittelbar ist und durch Kirchen und Konfessionen unterstützt werden soll als Gottes Angesicht voll Frieden und Gerechtigkeit in persönlicher wie gesellschaftlicher Mitverantwortung.

„… schon 2000 Jahre Christentum – und jetzt?!“ lautete beim letzten Vortrag die provokante Anfrage an das Christentum des 21.Jahrhundert. Persönliche Verantwortung wie gesellschaftliche Mitverantwortung scheinen in der Nachfolge Jesu Christi vorrangig bei Glauben und Wissen in Einheit von Ergänzung wie Zweiheit bei Trennung und Polarität geworden zu sein. Wie kann der Christ den Spannungsbogen zwischen diesen beiden aushalten, wie dem Sicherheits-Bedürfnis nachkommen und einem stillschweigend schrumpfenden Vertrauens entgegen steuern und aufbauen? Wie kommt man bei meist dualistischen Vorgaben auf einem administrativ-zähen dialektischen Lösungs- und Entscheidungsweg voran? Es ist eine Frage an jeden, wie er mit zeitlicher Dauer und persönlichem Durchhalte-vermögen umgeht, insbesondere in spannungsgeladenen Konflikten bei News fakts, Unterstellung und Vorwürfen? „Zwei Seelen, ach, in meiner Brust“, kann hier für persönliche Befindlichkeit wie soziale Zerrissenheit stehen. Aber solch zutiefst gefühls-geladenes Dilemma spiegelt dem Christen zugleich eine Möglichkeit wider, um sich im Erden-Meer mit seinen Gegensätzen, Ambivalenzen und Widersprüchen nicht nur ‚un-bewusst‘ herumzuschwimmen, sondern sich auch bewusst zu bewegen. In der Nachfolge ergeht es uns gleich Jesus in seiner Abba-Beziehung erging: durchzuhalten. Der Widerspruch in Jesus Christus beinhaltet auch solch Wüstenstück von Tod und Auferstehung. Auf diesen Widerspruch hin ist der Christ getauft, um sein irdisches wie zugleich himmlisches Leben gemäß „Zwei Seelen, ach, in meiner Brust“ zu meistern. Gottes-Liebe einerseits, Menschen-Liebe andrerseits wohnt -bildhaft gesprochen- beiden Seelen inne. Umgang mit Widerspruch ist dem Christ-Sein eingeschrieben. Bewusst gilt es das Leben so zu verstehen, und mittels Glauben und Wissen deuten und ordnen, und dadurch Sinngabe für den Sachverhalt aus der Beziehung zu Gott zu finden. Differenzieren und Zuordnen, Trennen und Teilen sollten daher genauso dem persönlichen Herzblut entspringen wie Sammeln, Einen und Ergänzen um des Mensch- und Christ-Seins willen. Einem entschiedenen Entweder-Oder kann so ein ergänzungs/versöhnungs-bereites Sowohl-Als-auch entgegen treten, um dann zum Ausgleich in Liebe zu verhelfen. Dies sollte uns bewusst sein, und uns zum Frieden stiften und zum Streben nach Gerechtigkeit motivieren. Christen wären dann bei Gegenwarts-Problemen in Kirche und Welt gewiss gefragt, und könnten hoffnungsorientiert mitreden. Christlicher Glaube in Liebe birgt daher die tatkräftige Chance von Weltgestaltung in Verantwortung. Ausgehend von Jesus, der als Gott und Mensch den Widerspruch verkörpert, ist jedem Christen solch Doppel-Identität in Wiege und Taufbecken hineingelegt, um bewusst durch Glauben und Wissen, sowie mittels Glauben und Lieben zu leben und zu handeln.

Nach der ‚Waagschalen-Methode‘ kann der Christ ‚innerlich‘ persönlich Glauben und Wissen beim Denken, und dann beim Handeln Glauben und Lieben anwenden. Jede Situation erfordert die persönliche Entscheidung. In Jesus Christus verankert- sollte er mittels dieser vier Lebens-Konstanten den Augenblick angehen und zu meistern versuchen, und sei er noch so verwirrend, gegensätzlich oder widersprüchlich – er hält zum Abwägen die beiden Schalen verantwortlich in der Hand. Dies erfordert bei Mitbetroffenen wie Unbeteiligten zunächst Toleranz und Akzeptanz, auch wenn später dies zu überprüfen und bei Bedarf und Notwendigkeit neu zu bestücken und auszurichten ist. Häufig wird die eine Schale mit „materiellen“ Gegebenheiten, Sachverhalten, Sachwerten vielfältig gefüllt sein, die andere hingegen mit „energetischer“ Beziehung und all dem, was dem Miteinander, der Gemeinschaft und dem Zusammenleben dienlich ist z.B. in Familie, Gemeinschaft, Gesellschaft. Im kirchlichen Lebens-Alltag können ebenfalls solche Ordnungs-Prinzipien: Glauben – Wissen beim Denken sein, und beim Handeln Glauben – Lieben. Innerkirchlich und interkonfessionell sollten aber um der Glaubwürdigkeit von Kirche und Glaubensgemeinschaft dem Liebes-Gebot eine gewichtigere Rolle zugeschrieben werden als Glaubens-Gesetzen. Anschaulich und einprägsam für das Abwägen kann auch die eine Schalenposition: „Festungs-Haltung“ durch Abgrenzen, Trennen oder Teilen gefüllt sein, die andere mit offenem „Insel-Verhalten“ wie Verbindung und Vernetzung, Versöhnung und Ergänzung. Auch hier ist in der Weiterentwicklung das Aushalten und Neugestalten nach entstehende Spannungen zu bedenken, die es gilt, ‚geschwisterlich‘ durch Liebe abzubauen. Üblicherweise lösen wir derart meist Probleme im persönlichen oder familiären Umgang, und spitzen diese nicht polarisierend und trennend zu. Beim Prüfen und Abwägen im beruflichen oder gesellschaftlichen Alltag sieht dies schon anders aus, insbesondere bei nationalen Konflikte und globalen Problemen. Dann geht es um ein Abwägen von Sach-Argumenten und strategischen Überlegungen in Verbindungen und Vernetzungen. Wünschenswert ist hier stet der Blick in die Zukunft wie das Abwägen zwischen Nutzen und Kosten, insbesondere was menschliches Leben in Frieden und Gerechtigkeit, sowie wie es Schöpfung und Mitgeschöpfe betrifft.

Eine ‚solidarische‘ Streitkultur in der Gesellschaft mit Wissen und Würde ist dann genauso wünschenswert, wie in der Kirche eine ‚geschwisterliche‘ mit Wertschätzung und Liebe. Gesellschaftliche Gegenwarts-Probleme können sich an gewissen Brennpunkten sozial, ökologisch wie ökonomisch bündeln und zuspitzen. Innerkirchlich mögen es Spannungsfelder zwischen Tradition und Charisma, zwischen Konfession und Ökumene u.a. sein. Hier wären es Problembereiche gleichsam im Reich Gottes auf Erden, die ebenfalls in Gegensätzen und Polarisierung das Gegeneinander offenbaren, doch für den Reifungs-vorgang Glaube-Liebe-Hoffnung ‚säen‘ sollten, doch bis zur Ernte auf Gottes Hilfe bauen, sich Zeit lassen und gemeinsam warten können. Eine Streit-Kultur ist also vonnöten, die im Gegenüber von Kirche und Welt bei Frieden und Gerechtigkeit, bei Schöpfungsgestaltung und Schöpfungsbewahrung sich der ‚irdischen‘ Verantwortung stellt, und im „Leib Christi“ selbst Wertschätzung eines jeden Gliedes in Liebe Offenbart, so dass kirchliches Abwägen z.B. bei ökonomischer Vorgabe ekklesiologische Hoffnung und Liebe ausstrahlt. Christen sollten im Glauben leben und Zeugnis geben persönlich wie konfessionell. Christlicher Geist sollte dann in Liebe von Gottes Gegenwart zeugen, sie erlebbar und deutbar werden lassen. Ein Beharren auf Tradition und Gesetz um der kirchlichen Ordnung und Struktur willen, könnte so eine Waagschale gegenüber mit Leistungsvermögen und Glaubwürdigkeit gewichten. In Liebe gälte es den Kompromiss zu erarbeiten.

Praktisch trifft dies z.B. bei kirchlichen oder klösterlichen Immobilien zu, wenn es nur mehr um das Verwalten geht, wenn die Raumfrage bei Kirchen, Gemeindehäuser u.a. zu groß, zu teuer wird und die Frage nach der Kernbotschaft Jesu im Glauben wie in der Liebe gestellt wird. So drängt sich vielen Kirchen-Gemeinden wie Ordens-Gemeinschaften heute zunehmend ein Abwägen zwischen Kapital- und Personal-Vermögen auf, zwischen reichlichem Haben und geistlichen Sein. Die Zündschnur scheint unterschiedlich gelegt zu sein. Oder kann man z.B. in der Raum- wie Mitarbeiter-Frage dem gerecht werden? Was bisher ehrenamtlich erbracht wurde, um für die Seelsorge Räumlichkeiten zu erstellen oder zur sakramentalen Vorbereitung von Kindern und Jugendlichen – zahlt es sich noch aus mit den Erwartungen von einst und heute? Was ist zu tun bei geistlich schwacher Gemeinde-Glut, wenn notwendige Gebäude-Sanierung oder zusehends eventgemäße Sakramenten-Spendung wie Taufe, Kommunion und Firmung anstehen? Abwägen und Entscheiden, und dies gemeinsam tragen wäre dann erforderlich! Auf der Beziehungsebene sollte bei Sachproblemen ein würdiger und wertgeschätzter Umgang mit Erwartungen in der Mitarbeit bei Haupt- wie Ehrenamtlichen herrschen. Glaubens-Bewusstsein und Gemeinschafts-Leben vor Ort können so zu gewichtigen Gegenpolen im-materieller Art werden gegenüber den Machtansprüchen ideeller wie materieller „Treib-Faktoren“. Ob für den Einzelnen wie das Gemeinde-Leben die Glaubens-Lehre statt Liebes-Handeln Vorrang hat, braucht heute innerkirchlich mehr denn je der kritischen Anfrage was dem Glauben sprich Glaubwürdigkeit, und was der Liebe dient. Dies wäre z.B. beim Kommunionempfang in der katholischen Kirche ‚Oben‘ anzufragen und persönlich womöglich ‚im Widerspruch‘ zu praktizieren, solange kirchenrechtlich anderen Christgläubigen dies verboten ist, ebenso bleibt sakramental der Kommunionempfang Wiederverheirateter eine offene Wunde, wenn Glaubens-Gesetz stärker trennen als das Liebes-Gebot verbinden kann. Der Glaubende selbst entscheidet und handelt beim Angebot von Gastfreundschaft in Liebe, und setzt so ein sichtbares, einigendes und ergänzendes Band der Gemeinschaft im Glauben. Auch bei Gestaltung kirchlicher Ordnung und Hierarchie könnte das gemeinsame bzw. allgemeine Priestertum seine grundsätzlichere Gewichtung erhalten gemäß dem II.Vatikanum. Gestaltung kirchlicher Ordnung und Hierarchie könnte so mittels Liebes-Gebot dank gemeinsamem /allgemeinem Priestertum ökumenisch kirchen-bewegt mehr Glaubwürdigkeit und Stoßkraft erhalten, und im Gegenzug würde das Weihe-Sakrament neben Stellvertretung eine stärkere Liebes-Funktion erhalten. Manch leidiger Streit wegen Priesteramt nur für den zölibatären Mann bekäme dann ein anderes Gesicht in Nachfolge und Gottes-Kindschaft, was der Menschenwürde und Gleichheit aller Kinder Gottes nachkäme. Denn solch ökumenischer Weg könnte zu einem Priesteramt beitragen, das z.B. für Männer und Frauen, für Verheiratete und Ehelose zugänglich ist.

Abwägen und kritische Vernunft zwischen „Festung“ und „Insel“ können so ihre Anwendung finden bei totalitären Religions-Behörden mit fundamentalistischen Zügen wie dies beim Islamismus der Fall ist. Aber auch Ideologie-Staaten des Nationalismus wie des Kommunismus lassen sich hier anführen. So nimmt die Chinesische Weltmacht Züge eines kommunistisch totalitären Überwachungsstaates an. Aber auch die westliche abendländische Staatenwelt läuft Gefahr aufgrund weltanschaulicher Neutralität einzig und allein Wissen und Wissenschaft gleich einer Ideologie zu verstehen und gelten zu lassen. Fragen können so in unserer profanen Gesellschaft an die Freiheitsrechte und ihre Widersprüche zwischen Theorie und Praxis genauso gestellt werden, wie an eine ausgleichende Marktwirtschaft, die im globalen Wettstreit dem staatlichen Handeln totalitäre Züge aufzwingt. Wäre und könnte da nicht in der profanen Welt, so ist geistig-vernünftig ‚anzuklopfen‘, der Einbezug christlicher Schöpfungs-Werte und kirchlicher Stimmen ‚um des Menschen willen‘ für ein nüchternes Abwägen mittels Glaubens-Dimension weiterhelfen? Diese Anfrage lässt sich erstrecken auf den Umgang mit populistischen Zielen, ökonomische Vorherrschaft sowie umweltbedingte Vernichtung u.a.

Bei der Zusammenschau von Wissen und Glauben heute ist der Blick in die Geschichte bereichernd. Denn auf den Werten der Französischen Revolution von 1789 basieren die Entwicklungen der heutigen säkularen und ‚wertneutralen‘ Staaten des westlichen Abendlandes. Freilich mit dem Schwinden christlicher Alltags-Prägung und der zunehmenden Distanz zu Glauben und Kirche. Seit der Renaissance kündigte sich aber im menschlichen Bewusstsein dieser Paradigmenwechsel vom Glauben hin zum Wissen durch Aufklärung und zunehmende Vorherrschaft von ‚vernünftigem‘ Wissen. Positive Ergebnisse dieser ‚Vernunft‘-Entwicklung sind gewiss Errungenschaften wie Menschenwürde und demokratisch freiheitliche Rechtsordnung, ebenso hat marktwirtschaftliches Denken im Freiheits-Postulat von einst seine ihre Verankerung. Ursprünglich mit anderem Blick auf das Postulat: Gleichheit erhoffte einst Karl Marx einst dem industriellen Fortschritt mittels seiner Ideologie zu Zähmung des Kapitalismus beitragen zu können. Polarisierend wirkte sein „Kommunistisches Manifest“ (1848) um im klassen-kämpferischen Widerspruch der bestehenden Un-gleichheit zwischen Kapital-Besitzer und den durch Arbeit Ausgebeuteten begegnen zu können. Diese Un-Gleicheit wider der Gerechtigkeit hat sich seitdem differenziert, teils verlagert und führt heute politisch weltweit zu gewaltigen Unterschieden im Staaten-Aufbau von totalitär bis demokratisch mit problemgeladenen Spannungen. Ebenso sind einem kapitalistischen Zugzwang Menschheit, Gesellschaften und Staaten ausgeliefert und Global-Probleme wie Klimaschutz, Zerstörung der Umwelt, Rohstoffverbrauch sind Leuchttürme dieser ‚wissenschaftlichen‘ Ideologie und Fortschritts-Dynamik, die inzwischen menschheitsbedrohlich geworden ist. Zwischen armen und reichen Ländern existieren vielfältige wie vielseitige Brüche und Schluchten von Verseuchung und Vergiftung. Die Kluft beim Ruf nach Gerechtigkeit zwischen Ober- und Unterschicht, zwischen persönlichem Reichtum und sozialer Armut, zwischen nationalem Wohlstand und globalem Notstand ist grundsätzlicher Art und weltweit. Sozialer Ausgleich und persönliche Leistung sind bei Gleichheit wie Gerechtigkeit inzwischen unabdingbar geworden. Doch auf wessen Kosten bei „Geschöpf und Schöpfung“ lebem inzwischen die Einzelnen wie die Gesellschaften materiell, sozial und individuell? Der steten Hinterfragung und Kritik bedarf menschliches Da-Sein im gegenwärtigen So-Sein mehr denn je.

Das Postulat: Widerspruch ist existentiell vonnöten. So sind die einstigen humanistischen Ziel-Vorstellungen der „Französischen Revolution“ (1789) von Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit, mit den heutigen ‚irdischen‘ Forderungen des „Konziliaren Prozess“ (1989) nach Frieden – Gerechtigkeit – Bewahrung der Schöpfung gegenüber zu stellen, um den Bedarf beider zur gegenseitigen Ergänzung um des Menschen willen zu erkennen. Beide gilt es heute gleichsam auf die Waagschalen zu legen. Mit strukturellen Vorgaben wie menschlichen Schwächen und Mängel dies zu entschuldigen, scheint inzwischen politische wie persönliche ein Verantwortungs-Problem geworden zu sein am Abgrund von Resignation. Ein Abwägen zwischen „Festung-Haltung“ oder „Insel-Verhalten“, kann daher einer Analyse genauso dienlich und bei Entscheidungen hilfreich sein. So ist der vernunft-orientierten Waagschale von Errungenschaft und Fortschritt beim Abwägen die christliche Waagschale von ‚Konziliarem Prozess‘ beizufügen mit der Anfrage, was ist heute davon dem Frieden, der Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung dienlich, um weniger dem wirtschaftlich-kommerziellen Wettbewerb gleichsam in einer todbringenden Spirale ausgeliefert zu sein, als vielmehr im Miteinander lokal wie global die Zukunft ansteuern und meistern zu können. Christlicher Mit-Verantwortung obliegt ein Abwägen und Entscheiden um des Menschen willen. Auch wenn Politik und weltliche Herrschaft im gesellschaftlichen Alltag den „Volks-Willen“ oftmals dem Eigennutz und weniger dem Gemeinwohl verschrieben haben. Christlicher Glaube und Widerspruchs-Prinzip können der gegenwärtigen Weltlage und -Entwicklungsdynamik entgegen steuern.

Zur notwendigen Schöpfungs-Erhaltung von Natur und Umwelt gesellt sich zusehends die Kommunikation der Menschen untereinander, die Digitalisierung unserer Welt und Gesellschaft „im Dialog“. Satya Nadalla, Chef von Microsoft, nennt als künftig demgemäß als große Themen und Probleme „Mixed Reality“, „Quanten-Computer“ und „Künstliche Intelligenz“. Christliche Hoffnung „selbstloser Liebe“(Agape) und wirkmächtiges „Urvertrauen“ scheinen hier vonnöten zu sein. Denn eine Zukunft von 1. „Mixed Reality“ – ultimative Form einer computergestützten Realität, eine Mischform, in der sowohl reale als auch digitale Welt miteinander verschmelzen, oder von 2. „Quanten-Computer“– der rechnerisch komplexe Beziehungen verarbeiten kann und letztlich dabei nicht mehr zwischen Null oder Eins unterscheiden, sondern bei denen es zugleich immer Null und Eins heißt, oder von 3. „künstlicher Intelligenz“, die seiner Ansicht nach dem Menschen hilft, wenn ihre Technik dem Menschen dient, bedürfen zur menschenwürdigen Bewältigung nach Meinung von Nadalla einzig und allein „Trust/Vertrauen“ als entscheidender Vorgabe einer digitalen Zukunft. Solch benötigtes ‚innerliches‘ Vertrauen scheint beim Wissen letztlich im Dialog des Menschen mit sich selbst zu enden, da es in der Selbst-Beziehung, gleichsam ‚im Mensch-Sein‘ verankert ist. Beim Glauben hingegen ruht die Verantwortung in der wechselseitigen „Beziehung“ (z.B. Gott-Mensch) die geschichtlich Treue und Vertrauen auszeichnet wider strukturell vernichtenden und zerstörerischen Gesetzmäßigkeiten. Die Welterklärer wie Weltverbesserer heute scheinen bisweilen zwischen Vertrauen und Misstrauen, zwischen ideellem Aufbruch und sich einstellender Resignation zu pendeln. Solch inneren Spannungszuständen mögen Mensch und Menschheit künftig bei persönlichen, gesellschaftlichen wie globalen Gegensätzen und Widersprüchen mehr denn je ausgesetzt und ausgeliefert zu sein. Mit Verweis auf den Christlichen Glauben scheint der Christ mit Wissen und Glauben bestens gerüstet zu sein, ‚wider aller Hoffnung‘ der Zukunft im Dennoch dem entgegen gehen und leben zu können.